Stellungnahme zu Straßenbeschlüssen

27.10.2020

Stellungnahme zu Straßenbeschlüssen: FDP-Fraktionsvorsitzender Hans-Otto Jacobi

Die Lebensverhältnisse in den Stadtteilen triften nicht nur bei dem Zustand von Straßen deutlich auseinander. Die Stadt und Kommunalpolitik haben hieran erheblichen Anteil. Mit den vorgelegten Beschlussvorschlägen zu Straßen wird Rodheim noch weiter abgehängt.

Nach fast 50 Jahren Stadt Rosbach ist der deutlich schlechtere Qualitätszustand der Straßen in Rodheim allgemein bekannt und anerkannt. Vor fünf Jahren zwang die schwarz-grüne Landesregierung, auch in Rosbach und Rodheim Straßenbeiträge einzuführen und diese getrennt nach Stadtteilen zu berechnen. Ohne die Verpflichtung des Landes wäre in unserem Stadtparlament niemand auf die Idee gekommen, Straßenbeiträge einzuführen. Immer war dabei klar, dass die Bürgerinnen und Bürger in Rodheim durch Straßenbeiträge am weitaus stärksten belastet würden. Angesichts des immer feststehenden und stets weiteren Auseinandergehens der unterschiedlichen Belastungen in den Stadtteilen kamen von verschiedenen  Fraktionen eine beträchtliche Reihe sicher gutgemeinter aber leider nicht umsetzbarer Ideen auf, um Belastungen anzugleichen. Eine und die nun vorgeschlagene ist, einfach die vorgesehenen Zeiträume für das Umsetzen als notwendig benannter Maßnahmen auszudehnen. Wie wollen wir erklären, dass in einem Stadtteil mit mehr als 20 zu sanierenden Straßen in den nächsten fünf Jahren lediglich eine saniert werden soll ? Statt Beschlüsse an den dringend durchzuführenden Maßnahmen zu orientieren, zäumt man lieber das Pferd von hinten auf und senkt Beiträge. Dies führt allerdings zu gleich zwei Fehlentwicklungen. Der notwendige Zeitrahmen für das Umsetzen der erforderlichen Maßnahmen klafft weit auseinander. In Nieder-Rosbach sind bereits im Verlauf der kommenden zehn Jahre alle Arbeiten erledigt, in Ober-Rosbach nach ca. 25 Jahren und in Rodheim erst nach ca. 40 Jahren. Bei der durchschnittlichen Notwendigkeit der Erneuerung einer Straße nach 40 Jahren kann der bereits heute vorliegende Investitionsstau in Rodheim mit diesem Vorschlag nicht aufgelöst werden und das Verschieben dringender Maßnahmen ist angesichts teilweise beschämender Straßenzustände den Bürgern nicht zuzumuten. Zudem ist die Pflicht zur Zahlung eines Straßenbeitrags immer mit dem Durchführen von Arbeiten verbunden. Dies bedeutet, dass in Nieder-Rosbach nur noch für zehn Jahre, in Ober-Rosbach ca. 25 Jahre und in Rodheim 40 Jahre für die schon heute bekannten Reparaturbedarfe gezahlt werden muss. Somit wird deutlich, dass mit dem vorgelegten Vorschlag nur Verschleppung und weitere immer teurer werdende Qualitätsverschlechterungen verbunden sind. Die finanziellen Belastungsunterschiede zwischen den Stadtteilen bleiben nicht nur bestehen, diese werden sogar größer. Wir haben zu erkennen: Solange wir uns – nun selbstbestimmt – in dem Käfig wiederkehrender Straßenbeiträge bewegen, sind unterschiedliche Belastungen der Stadtteile zwangsläufige Folge. Auch die vorgeschlagenen und in den letzten Jahren nicht beschrittenen „Sonderwege“ bringen keine Lösung. Hier sollen über die Gebührenzahlungen der Bürger durch die Stadtwerke außer den nicht mehr aufschiebbaren Erneuerungen im Wasser- und Abwassersystem auch Straßensanierung erfolgen. Dies allerdings nur in Schmalspurbreite. Welche Vergeudung von Geld und Ressourcen sowie doppelter Belastung der Anwohner, wenn sie dann etliche Jahre später hoffentlich noch erleben, dass für die gleiche Straße nach erneuten Ausschreibungen wieder und dann noch teurere Arbeiten auszuführen sind. Eine Straße einmal abschließend zu sanieren, halten wir für den sinnvollen, weniger belastenden und finanziell günstigeren Weg. Zur Frage, welche Straßenlängen angesichts des deutlich unterschiedlichen Investitionsstaus in den Stadtteilen dabei in Ober-Rosbach und Rodheim durch Gebührengeld bearbeitet werden sollen, noch der Hinweis: In Rosbach sind es exakt 50 Prozent mehr als in Rodheim.

Die FDP hat im Landtag längst entscheidend dafür mitgesorgt, dass Straßenbeiträge wieder abgeschafft werden können. Der Zwang ist aufgehoben, wir können auf Straßenbeiträge verzichten. Nutzen wir diese Chance. Schlüssiges Handeln statt lediglich fruchtloses Klagen über unbefriedigende Situationen oder einem Verschieben der Finanzierungsart auf den Sankt-Nimmerleins-Tag ist jetzt die Aufgabe.

Was würden wir wohl als Eigentümer eines Hauses tun, wenn wir feststellen, dass es immer maroder wird? Ich denke, jeder Vernünftige investiert dann, statt es völlig verrotten zu lassen und nimmt lieber für Investitionen einen etwas höheren Kredit auf, um es für die nächsten 40 Jahre in Ordnung zu halten und problemlos zu nutzen. Vor allem, wenn wir kreditwürdig sind, die Zinsen gleich null sind und längerfristig niedrig bleiben.

Niemand konnte uns bislang sinnvoll erklären, weswegen eine Rentnerin ohne eigenes Auto in ihrem kleinen eigenen Haus oder ihrer Eigentumswohnung durch Straßenbeiträge belastet wird und eine zur Miete wohnende Familie mit zwei Autos und Motorrad keinen Cent für das Straßenprogramm zu zahlen hat. Jeder Haushalt nutzt Straßen oder ist zumindest auf diese angewiesen. Ich beantrage daher das Aufheben der Straßenbeitragssatzung und wegen der notwendigen Straßensanierungen soll die Grundsteuer leicht erhöht werden. Laut Verwaltung sind für das Finanzieren des vorgelegten Programms bislang 2 € pro Haushalt und Monat erforderlich. Wir halten eine Erhöhung von bis zu 3 € für angemessen, damit vorhandene Investitionsstaus abgebaut und spätere Mehraufwendung verhindert werden können. Straßen wurden ja auch bereits vor dem Einführen der Straßenbeiträge bei uns saniert. Wer sagt, dann werde das Geld für andere Ausgaben genutzt, unterstellt Verantwortungslosigkeit zumindest anderen Stadtverordneten. Wir wollen das Abschaffen der Straßenbeiträge, auf die unsere Nachbarstädte alle verzichten. Wir wollen wegen des Festhaltens an Straßenbeiträgen nicht weniger attraktiv sein und bleiben, als es unsere Nachbarn sind. Dabei habe ich Verständnis, dass je nach Stadtteil Vorteile unterschiedlich beurteilt werden und Ortsvorsteher die Interessen ihres Stadtteils in Vordergrund stellen.

Es gibt in Rosbach und Rodheim nicht nur Haus- oder Wohnungsbesitzer. Die ansässigen Unternehmen, Gewerbetreibenden, Firmen und Geschäftsleute zahlen bei uns schon mehr als 10 Prozent mehr an Gewerbesteuer als in unseren Nachbarstädten als unseren Hauptkonkurrenten für zahlungskräftige Steuerzahler. Im Gegensatz zu uns fallen nun in diesen auch keine Straßenbeiträge mehr an und mit dem zusätzlich hohen nochmaligen Aufschlag von 20 Prozent zahlen einige mehrere Tausend € pro Jahr mehr als ihre Mitbewerber in inner- oder außerstädtischer Nachbarschaft. Die Klage eines örtlichen Arbeitgebers können wir verstehen, wenn er sagt: „Die deutlich fünfstellige Summe, die ich in den letzten Jahren an Straßenbeiträgen zahlte, hätte ich im Betrieb bestens nutzen können.“

Zum Schluss noch eine Anmerkung, wie in unserer Stadt inzwischen Beschlussvorlagen an uns Stadtverordnete entstehen Das Versenden ohne ein vorheriges Beraten im Magistrat hat – wie schon bei der Schwimmbadsanierung – offenkundig die Qualität der Vorlage auch zu dem Thema Straßenprogramm und dessen Finanzierung wahrlich nicht verbessert.