Stellungnahme zu der eingebrachten Vorlage des Haushaltsplans 2017/2018

22.02.2017

Hans-Otto Jacobi, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Stadtparlament, am 21. Februar 2017

Der von Bürgermeister Alber eingebrachte und von SPD, Freien Wählern und Stimme unterstützte Haushaltsplan macht nicht nur alle Zusagen für das Mindern von Bürgerbelastungen langfristig zunichte. Er schreibt zugleich den einseitigen Vorrang eines übermäßig schnellen Wachsens in einem Galopp-Tempo gegenüber den Interessen der bisherigen Einwohnerinnen und Einwohner unserer Stadt fest.

Nach erheblich gestiegenen Steuereinnahmen haben viele Bürgermeister-Unterstützer den von ihnen mitgetragenen einstimmigen Beschluss des Stadtparlaments offenbar vergessen, bei besserer Haushaltslage wieder geringere Steuersätze anzustreben. Innerhalb von vier Jahren stiegen bei uns alle Steuern doppelt so stark wie im Landesdurchschnitt und neben den neu eingeführten Straßenbeiträgen wurde z. B. die Grundsteuer für die Bürger annähernd verdoppelt und Gebühren für die Kinderbetreuung teilweise mehr als verdreifacht. Dies bei gleichzeitig jetzt verringerter Zahl von Betreuern. Unverändert sollen die inzwischen im Landesvergleich über-durchschnittlich hohen Steuern nicht gesenkt werden und mit drastischen Gebührenerhöhungen hat Rosbach schon überregionale Schlagzeilen gemacht. Offenbar ist auch für SPD, FWG und Stimme das erörterte Wiederabschaffen der Straßenbeiträge inzwischen kein Thema mehr.

Statt zumindest einer Dividende für Bürger angesichts ihrer überdurchschnittlich hohen Belastung und die städtischen Grundstücksverkäufe für Gewerbe und Wohnungsbau wird nun eine gänzlich andere Rechnung aufgemacht. Die Allgemeine Verwaltung der Stadt brauche einen Personalzuwachs von mehr als einem Viertel und dies allein macht mit acht neuen Stellen jährlich ca. 600.000 € Mehrkosten aus. Noch nicht berücksichtigt sind dabei weitere Stellen im Bauhof für die Pflege vermehrter öffentlicher Flächen in Neubaugebieten sowie für die Sozialstation in der größer werdenden Stadt mit auch mehr pflegebedürftigen Menschen. Dies wird uns allerdings dosiert erst später ab kommendem Mai serviert. Von der Summe von jährlich ca. einer Million Mehrausgabe für Personal innerhalb der fünf Jahre dieser Wahlperiode haben wir dann außerhalb des Bereichs Kinderbetreuung auszugehen, wenn die Stellen besetzt sind. Somit ergibt sich aus Sicht des Bürgermeisters und dessen Unterstützern auch kein Spielraum für Steuerentlastung oder den mit oberster Priorität vorzusehenden Wegfall von Straßenbeiträgen. Als ergänzende Information hierzu: die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Stadtwerken, Bauhof und Sozialstation ist annähernd doppelt so hoch, wie die der Verwaltung.

Wenn ihre weitere Belastung als Ergebnis des zunächst von ihnen mitfinanzierten städtischen Wachstums von den Bürgern wahrgenommen wird, nimmt zwangsläufig die Akzeptanz einer Stadtvergrößerung ab. Wir warten immer noch auf das dringend erforderliche Gegenüberstellen von kurz- und mittelfristigen Ausgaben und Einnahmen bei neuen Baugebieten. Als die neuen Wachstumszahlen werden vom Bürgermeister inzwischen 15.000 Einwohner und damit ein weiterer Bevölkerungsanstieg um 20 Prozent genannt. Hier ist dringend angeraten, “den Fuß etwas vom Gas zu nehmen” und die Interessen der bisherigen Einwohnerinnen und Einwohner nicht hinter überschnelle und wegen schwerer Verdaubarkeit ungesunde Expansionsvorhaben zu stellen. Dies zeigt sich nicht nur bei den Verwaltungsstellen.

Unannehmbar ist für die FDP, dass nun wegen des Einsparens von einem Prozent der vorgese-henen Mehrausgabe für Verwaltungspersonal die Außenstelle Rodheim noch nicht einmal mehr an einem späten Nachmittag hauptamtlich besetzt ist und statt einem Aufwerten die dortige Bücherei ebenfalls geschlossen werden soll. Solche Bestrebungen sind unerträglich. Ich wiederhole meine warnende Aussage: Herr Bürgermeister Alber, Sie spielen hier mit dem Feuer in einem Umfeld, dessen hohe Explosivität Sie als Stadtfremder nicht annähernd zutreffend einschätzen. Und dabei geht es um sehr viel mehr, als lediglich eine Mehrheit für Sie bei der kommenden Bürgermeisterwahl. Hier geht es unnötig um das massive Beeinträchtigen eines Stadtgefühls. Und Stadt ist mehr als eine Verwaltungseinheit. Hier geht es um Fragen von Gerechtigkeit.

Neben insbesondere der gestiegenen Einwohnerzahl, dem Erschließen weiterer Baugebiete und den von Haus- und Grundstückseigentümern finanzierten Straßenerneuerungen wird drastischer Stellenzuwachs auch mit der Notwendigkeit des verstärkten Entwickelns von Visionen durch die Verwaltung begründet. Hierzu stellen wir fest: Wir brauchen ausgewogene und überdachte Kon-zeptionen und dies ist etwas anderes, als das grandios gescheiterte Vorhaben des Überdachens des Platzes vor der Adolf-Reichwein-Halle. Mit neuem Sportzentrum an der Kapersburgschule ebenfalls in Rosbach oder Überlegungen zum Verlegen des Schwimmbads und Bürgerhauses an den Ortsrand Rodheims ist der Bedarf an Visionen schon mehr als erfüllt. Und zu Kosten liegen keinerlei belastbare Daten vor. Statt sich Wolkenkucksheime auszudenken ist die Verwaltung vielmehr gefordert, nicht weiterhin über Monate tatenlos zuzuschauen, wenn Regen in ein Gebäu-de der Stadt rinnt oder Böden geradezu verrotten und zu einer erheblichen Unfallgefahr werden.

Der Haushaltsentwurf des Bürgermeisters zeigt, dass ihm Maß und Ziel in vielfältiger Weise verloren gingen. Ein Doppelhaushalt jetzt macht keinen Sinn und es zeichnet sich bereits ab, dass die aufgezeigten Perspektiven von Investitionen und Schuldenentwicklung nicht zu halten sind. Aber das kennen wir bereits: laut früherer Planung sollten wir als Stadt ja inzwischen schon schuldenfrei sein. Vorgegaukelt werden unrealistische Daten insbesondere, um die angestrebten übermäßigen Stellenerhöhungen rechtfertigen zu können. Dafür werden Ausgaben in Millionen-höhe zunächst völlig ausgeblendet um hinterher sagen zu können: Das tut uns jetzt sehr leid, aber das haben wir vorher so nicht gewusst. Zwei Beispiele: Entschieden werden soll im Verlauf des Jahres die Zukunft des Wahrzeichens von Ober-Rosbach, dem „Alten Rathaus“ mit hoffentlich zumindest einer Teilnutzung für weitere dortige Veranstaltungen und Vereine. Im Plan ist die Fassadensicherung mit 400.000 € veranschlagt. Bleibt das Wahrzeichen weiter in Stadtbesitz, wird dessen Sanieren allerdings noch zwei Millionen teurer. Und wird es zu dem sehr optimistisch angesetzten Betrag verkauft, stellen sich die 400.000 € als eine Verkaufssubvention heraus. Oder die völlig offene Frage weiterer Räumlichkeiten für die Kinderbetreuung in Ober-Rosbach. Gerne unterstützen wir bei der Suche nach einem Freien Träger für das Betreuen der Kinder. Aber noch in diesem Jahr ist ebenfalls zu klären, ob deswegen die Kita Brüder-Grimm künftig geschlossen oder saniert wird und ob eine weitere Kita in welcher Größe durch einen Investor mit selbstverständlich legitimem Gewinninteresse oder doch durch die Stadt gebaut wird. Das Motto: Hauptsache wir haben mit alledem nichts mehr zu tun und Kosten zahlen ja die Anderen, kann nach unserer Meinung nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Erneut sind somit Entscheidungen in Höhe von mehreren Millionen völlig offen.

Zuzugeben haben wir, dass Überlegungen zu historischer Bausubstanz oder Kinderbetreuung zu optimaler pädagogischer und kostenmäßiger Bedingung sicher nicht zu dem Hauptengagement des Bürgermeisters gehören. Seine Prioritäten bleiben Sport und neue Baugebiete, unterbrochen zwischenzeitlich durch Flüchtlingsfragen. Hier werden Energien und Geld investiert, während sonstige Anliegen liegen bleiben. Wie bereits im Ortsbeirat beantragt die FDP, dass das bisherige Feuerwehr-Gerätehaus Rodheim entgegen der Planung nicht vorschnell verkauft wird. Geprüft werden soll vielmehr dessen Nutzen für Zwecke örtlicher Vereine. Und neue Verwaltungsstellen soll es nur geben, wenn die Außenstelle Rodheim wieder mit hauptamtlichem Personal besetzt ist.

Alleine Wachstum darf nicht das alles dominierende Ziel sein. Statt lediglich Größe wollen wir Solidität. Und als eine Voraussetzung für Lebensqualität auch Entlastung und Erleichterungen für Bürger. An dieser Stelle komme ich der Bitte eines zurzeit erkrankten und in der Seniorenarbeit Aktiven nach, mit Nachdruck anzumahnen, dass älteren und nicht internetfähigen Menschen nicht zugemutet werden darf, sich bei der Verwaltung einen Fragebogen für ihre Meinungsäußerung zur Stadtentwicklung abzuholen. Er verstehe nicht, weswegen nicht ein Exemplar in die Briefkästen aller Haushalte eingeworfen werde. Kommentiert wurde dies mit der Anmerkung, dass dies, wie ein anderer Senior sagte „bei dem mit Gift getränkten Zuckerblättchen zum Haushalt“ ja auch geschehen ist. Und es müsse ja auch nicht immer gleich ein Hochglanzprodukt sein. Dieser Kritik schließen wir uns mit dem Hinweis an, dass selbstverständlich möglich gewesen wäre, ohne jegliche zusätzliche Kosten zumindest einmal von einem erfahrenen Institut zu hören, wie dies andernorts in Kommunen unserer Größe gemacht wird und welche Möglichkeiten es gibt, verlässliche repräsentative Grundlagen als Fundament einer Stadtentwicklungsplanung zu erhalten. Aber es gab auch hier den Drang, sich ohne Anhören einer Alternative für einen Anbieter zu entscheiden, der vorher noch nie eine gesamte Stadtentwicklungsplanung erstellte, sich auch ansonsten nach seiner Aussage ausschließlich mit mindestens vierfach größeren Städten beschäftigt und mit dem Betonen des Schaffens eines Stadtmittelpunkts eine sehr fragwürdige Aussage traf. Wir arbeiten selbstverständlich bei der Stadtentwicklung mit und werden unseren Ansatz des vorrangigen Entwickelns nicht einer Stadt, sondern von drei möglichst intakten Stadtteilen betonen. Diese sind und bleiben wichtiger als eine künstliche Mitte aus Beton. In ihrem unmittelbaren Lebensumfeld bleibt der Stadtteil für alle Mitbürgerinnen und Mitbürger der zentrale Fixpunkt und für uns als Stadt unser wichtigstes Kapital. Dabei müssen auch Anstrengungen für eine höhere Attraktivität der historisch gewachsenen Ortskerne unternommen und der festzustellenden Gefahr deren Ausblutens entgegen gewirkt werden.

In der Haushaltsentwicklung gilt es insbesondere, nach den uns zugefallenen gestiegenen Steuermehreinnahmen verantwortungsbewusst zu bleiben und nicht fahrlässig lediglich auf eine weiterhin ungetrübt gute Konjunktur zu setzen. Das erzielte Plus auch in unserem Haushalt ist Ergebnis von Sondereffekten wie niedrigen Zinsen, billigem Öl und niedrigem Eurokurs. Hierauf dauerhaft zu setzen, ist fahrlässig. Signale, die zu Vorsicht mahnen, gibt es genug. Voraus zu sehen ist jedenfalls, dass bei dem vorgeschlagenen immensen Fix-Block von zusätzlichen und dann auch dauerhaften Personalausgaben bereits eine Konjunkturdelle ein massives Loch in den Haushalt reißt, das nur durch weitere Bürgerbelastung gestopft werden kann. Dies wollen wir vermeiden, zumal wir wissen, dass auch in wirtschaftlich guter Zeit der Grundstein für das andauernde Verschlechtern eines Haushalts gelegt werden kann. Den vorgelegten Haushaltsplan lehnen wir daher ab und stellen unsere Anträge als zumindest sinnvolle Korrekturen.